Donnerstag, 18. Mai 2017
Donnerstag, 18. Mai 2017
Planetengetriebe-Konzepte
Wandlerautomatikgetriebe – Konzepte für unterschiedliche Anzahl schaltbarer Gänge
Historisch entwickelten sich die Automatikgetriebe in Planetenbauweise in Deutschland ausgehend von den 3-Ganggetrieben wie sie bei den Nachkriegs-Mercedes-Modellen zum Einsatz kamen.
Übersicht verschiedener Automaikgetriebe:
•4-Gang Wandler W4A028 (Daimler)
•4-Gang Wandler 4HP14 (ZF)
•5-Gang Wandler W5A030 (Daimler)
•5-Gang Wandler W5A580 bzw. NAG1 (Daimler)
•6-Gang Wandler 6HP26 (ZF)
•7-Gang Wandler W7A700 bzw. NAG2 bzw. 7G-TRONIC (Daimler)
•8-Gang Wandler 8HP70 (ZF)
•9-Gang Wandler 725.011 NAG3 bzw. 9G-TRONIC (Daimler)
4-Gang Wandler W4A028 (Daimler)
Bei diesem Getriebe ab Baujahr 1979 handelt es sich um ein Automatikgetriebe in Planetenbauweise mit 4 Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang. Ein Trilok-Wandler mit einer Momentenüberhöhung von ca. 1,96 bietet ein komfortables Anfahren. Der Wandler ist offen und verfügt noch über keine Überbrückungskupplung (WÜK).
Das Getriebe verfügt über 2 Radsätze. Das Pumpenrad des Drehmomentwandlers ist starr mit dem großen Sonnenrad einer Ravigneaux-Planetenstufe gekoppelt. Anschließend ist eine einfache Planetenstufe nachgeschaltet, deren Planetenträger den Abtrieb darstellt. Es gibt 3 Bandbremsen und 2 Kupplungen, zusätzlich noch einen Freilauf.
Die Getriebespreizung beträgt 3,86.
4-Gang Wandler 4HP14 (ZF)
Dieses Getriebe ging 1984 in Serie und hat 4 Vorwärts- und einen Rückwärtsgang.
Mit dem 4-Gang-Automatgetriebes wird folgend ein ausschließlich auf einem Ravigneaux-Planetenradsatz basierendes System in seiner Funktionsweise detaillierter betrachtet. Dieses Getriebe ist für den Einsatz in frontgetriebenen Pkw ausgelegt, was sich im Getriebeschema allerdings erst nach dem Planetenradsatz zeigen würde. Auf die Darstellung der für den Achsantrieb zuständigen Bauteile wird hier verzichtet, da diese keinen Einfluss auf das Funktionsprinzip haben. Die an der jeweiligen Gangstufe beteiligten Bauteile sind durch dickere Strichstärken gekennzeichnet.
Das 4-Gang-Automatgetriebe ZF 4 HP 14 besteht aus einem hydrodynamischen Drehmomentwandler mit integriertem Torsionsdämpfer TD. Das Getriebe hat keine Wandlerüberbrückungskupplung, sondern arbeitet zur Wirkungsgradverbesserung mit Leistungsverzweigung. Mit der Pumpenwelle des Wandlers verbunden ist auch die Ölpumpe in Mondsichelbauart (im Schema nicht dargestellt) zur Erzeugung des zum Schalten der Gänge erforderlichen Drucköls.
Bei den Kupplungen handelt es sich um Lamellenkupplungen, die durch Öldruck geschaltet werden. Bei den Bremsen sind beide Bauarten, Lamellenbremse B1 und B3 sowie Bandbremse B2, vertreten.
Im 1. Gang werden die Stege der beiden Planetenräder über den Freilauf F2 festgehalten, wodurch der Planetenradsatz als Stand-Getriebe arbeitet. Die Antriebsleistung fließt über den Wandler und die geschlossene Kupplung K3 auf das große Sonnenrad des Ravigneaux-Radsatzes und über das Hohlrad wieder aus dem Planetenradsatz heraus auf den Abtrieb. Die wirksame Übersetzungm beträgt i = 2,41.
Im 2. Gang stützt sich das kleine Sonnenrad über den Freilauf F1 und die Bremse B1 gegen das Gehäuse ab. Die Antriebsleistung fließt wie im 1. Gang über den Wandler und die geschlossene Kupplung K3 auf das große Sonnenrad. Der Steg des Planetenradsatzes läuft jetzt aber um, und der Planetenradsatz arbeitet als reduziertes Planetenkoppelgetriebe. Die Leistung fließt wiederum über das Hohlrad zum Abtrieb, und die wirksame Übersetzung beträgt i = 1,37.
Der 3. Gang ist von seiner Wirkungsweise her der interessanteste. Das Getriebe arbeitet mit Leistungsverzweigung, d.h., ein Teil der Antriebsleistung fließt über den Torsionsdämpfer TD und die geschlossene Kupplung K2 in den Planetenradsatz, der als Überlagerungsgetriebe arbeitet. Der zweite Leistungszweig fließt vom Wandler über Kupplung K3 auf das große Sonnenrad des Planetenradsatzes. Beide Leistungszweige bzw. die Drehzahlen „überlagern“ sich im Planetenradsatz und werden am Hohlrad dem Abtrieb zugeführt. Dieser Betriebszustand der Leistungsverzweigung darf nicht mit dem einer geschlossenen Wandlerüberbrückungskupplung WK verwechselt werden. (Bei einer WK werden Pumpenrad P und Turbinenrad T des Wandlers aneinandergekuppelt und der Wandler dadurch überbrückt). Die Übersetzung im 3. Gang ist durch den Einfluss des Wandlers nicht konstant, sondern hängt in geringem Maß von dessen Schlupf ab. Die Übersetzung im 3. Gang variiert daher zwischen i = 1,0 bis 1,09.
Im 4. Gang läuft der Wandler ohne Last um, die Leistungsübertragung in den Planetenradsatz erfolgt rein mechanisch über den Torsionsdämpfer TD und die Kupplung K2. Der Ravigneauxsatz wirkt als einfaches Planetengetriebe, das über seinen Steg angetrieben wird und dessen Sonnenrad sich über die Bremse B2 am Gehäuse abstützt. Der Abtrieb erfolgt über das Hohlrad. Die Übersetzung im 4. Gang beträgt i = 0,74 und stellt somit einen Schnellgang dar.
Im Rückwärtsgang wirkt der Ravigneauxsatz wieder als einfaches Planetengetriebe mit Drehrichtungsumkehr. Die Leistung fließt über den Wandler und die Kupplung K1 auf das kleine Sonnenrad. Der Steg stützt sich gegen das Gehäuse über die Bremse B3 ab. Der Abtrieb erfolgt über das Hohlrad. Die Rückwärtsgangübersetzung beträgt i = –2,83.
5-Gang Wandler W5A030 (Daimler)
Bei diesem Getriebe ab Baujahr 1989 handelt es sich um ein Automatikgetriebe in Planetenbauweise mit 5 Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang. Ein Trilok-Wandler mit einer Momentenüberhöhung bietet ein komfortables Anfahren. Der Wandler verfügt über eine Überbrückungskupplung (WÜK).
Das Getriebe basiert auf dem Vorgänge W4A040 ergänzt um einen dritten einfachen Planetensatz mit 4 Planeten. Dieser bietet eine zusätzliche Untersetzung ins Schnelle um so einen Overdrive-Gang zu realisieren.
Das Getriebe verfügt damit über 3 Radsätze. Das Pumpenrad des Drehmomentwandlers ist starr mit dem großen Sonnenrad einer Ravigneaux-Planetenstufe gekoppelt. Anschließend ist eine einfache Planetenstufe nachgeschaltet, deren Planetenträger mit dem Planetenträger der dritten Planetenstufe als Eingang verbunden ist. Den Abtrieb bildet das Hohlrad. Es gibt 4 Bandbremsen und 3 Kupplungen, zusätzlich noch zwei Freiläufe.
Die Getriebespreizung beträgt 5,1613.
5-Gang Wandler W5A580 bzw. NAG1 (Daimler)
Dieses Getriebe basiert auf 3 einfachen, miteinander gekoppelten Planetenradsätzen und ging 1995 in Serie.
Das Hohlrad des vorderen Planetenradsatzes wird vom Turbinenrad des Drehmomentwandlers angetrieben. Eine schlupfgeregelte Wandlerüberbrückungskupplung kann den Wandler vollständig oder mit notwendigem Schlupf überbrücken. Das Sonnenrad stützt sich im 1. Gang über den Freilauf F1 und die Bremse B1 ab. Die Übersetzung wirkt über den Planetenträger auf das Hohlrad im hinteren Planetenradsatz. Hier erfolgt die Übersetzung in ähnlicher Weise wie im vorderen Planetenradsatz. Das hintere Sonnenrad stützt sich über den Freilauf F2, die Lamellenkupplung K3 und die Lamellenbremse B2 am Gehäuse ab. Ebenso findet auch im mittleren Planetenradsatz eine Übersetzung statt. Der hintere Planetenträger treibt das Hohlrad des mittleren Planetenradsatzes an, dessen Sonnenrad sich über die Bremse B2 ebenfalls am Gehäuse abstützt. Der mittlere Planetenträger ist direkt mit der Abtriebswelle verbunden. Die Übersetzung im 1. Gang wird zu i = 3,595.
Im 2. Gang ist die Bremse B1 geöffnet und Kupplung K1 geschlossen, dadurch entsperrt der Freilauf F1 des vorderen Sonnenrads und der vordere Satz läuft als Block um. Die Übersetzung im hinteren und mittleren Satz erfolgt wie in Gang 1. Die resultierende Übersetzung ist i = 2,186.
Im 3. Gang ist die Lamellenkupplung K3 geöffnet und die Kupplung K2 zugeschaltet. Damit entsperrt der Freilauf F2 des hinteren Sonnenrads und der vordere und hintere Planetenradsatz laufen im Block um. Der Antrieb erfolgt direkt über die Turbine T und Kupplung K2 zum mittleren Hohlrad. Die Übersetzung erfolgt ausschließlich über den mittleren Satz mit i = 1,405.
Bei der Schaltung in den 4. Gang wird die Bremse B2 geöffnet und Kupplung K3 zugeschaltet. Jetzt sind alle drei Planetensätze verblockt und drehen mit Turbinendrehzahl. Das Getriebe befindet sich im direkten Gang mit der Übersetzung i = 1,0.
Im 5. Gang wird der vordere Planetenradsatz wieder wie im 1. Gang geschaltet. Die Kupplung K1 öffnet und die Bremse B1 schließt. Hinteres Hohlrad dreht nun langsamer als die Turbine. Da das mittlere Hohlrad und der hintere Planetenträger über Kupplung K2 weiterhin mit Motor- bzw. Turbinendrehzahl umlaufen,
müssen das mittlere Sonnenrad und das über Kupplung K3 angekoppelte hintere Sonnenrad schneller als die Turbine drehen. Der mittlere Planetenträger und damit die Abtriebswelle liegen in ihrer Drehzahl zwischen Hohlrad und Sonnenrad. Der 5. Gang übersetzt ins Schnelle mit i = 0,831.
Im 1. Rückwärtsgang wird der vordere Planetenradsatz wie im 1. Gang geschaltet. Mit der Lamellenbremse BR werden der hintere Planetenträger und das mittlere Hohlrad festgehalten. Das mittlere Sonnenrad und das über Kupplung K3 verbundene hintere Sonnenrad drehen rückwärts und damit auch der Planetenträger und die Abtriebswelle. Ein zweiter Rückwärtsgang kann analog dem 2. Gang zugeschaltet werden.
Quelle: Fahrzeuggetriebe (Bertsche)
6-Gang Wandler 6HP26 (ZF)
Ein verbreitetes Radsatzkonzept ist das Prinzip nach Lepelletier. Es ist durch einen einfachen Planetenradsatz mit nachgeschaltetem Ravigneaux-Radsatz gekennzeichnet. ZF brachte mit diesem Radsatzkonzept in 2001 das erste Pkw-6-Gang-Automatgetriebe 6 HP 26 auf den Markt. Bei Vorwärts- und Rückwärtsfahrt treibt der Wandler über die Antriebswelle das Hohlrad des vorderen Planetensatzes RS1 an. Das vordere Sonnenrad steht in allen Gängen still. Im 1. Gang ist die Lamellenkupplung A geschlossen und der Kraftfluss erfolgt über den Planetenträger von RS1 auf die Sonne der kurzen Planetenräder des nachgeschalteten Ravigneaux-Radsatzes (RS2 und RS3). Die Bremse D ist geschlossen und der Planetenträger des Ravigneaux-Radsatzes steht still. Die Übersetzung beträgt i = 4,171.
Im 2. Gang wird die Lamellenbremse D geöffnet und die Bremse C geschlossen. Die Sonne von RS2 steht still und der Planetenträger läuft um. Die langen und kurzen Planetenräder wälzen aufeinander ab. Es ergibt sich eine Gesamtübersetzung von i = 2,340. Bei der Schaltung vom 2. in den 3. Gang wird die Bremse C geöffnet und die Kupplung B geschlossen (siehe auch Abb. 9.33). Im Ravigneaux-Radsatz (RS2 und RS3) werden beide Sonnenräder mit der Drehzahl des Planetenträgers von RS1 angetrieben. Der Ravigneauxsatz dreht im Block um, die Übersetzung ist i = 1,521.
Im 4. Gang wird die Kupplung B geöffnet und die Kupplung E geschlossen. Damit wird die Sonne von RS3 und der Planetenträger angetrieben, die Übersetzung ergibt sich zu i = 1,143. Bei der Schaltung 4 nach 5 wird die Kupplung A geöffnet und die Kupplung B geschlossen. Gegenüber Gang 4 wird die Sonne von RS2 angetrieben. Die Übersetzung erfolgt mit i = 0,867 ins Schnelle.
Im 6. Gang wird die Kupplung B geöffnet und die Bremse C geschlossen,wodurch die Sonne von RS2 steht. Der vordere Planetensatz RS1 wird überbrückt. Der Planetenträger des Ravigneaux-Radsatzes wird direkt mit Turbinendrehzahl angetrieben, die Übersetzung beträgt i = 0,691.
Im Rückwärtsgang wird die Kupplung B und die Bremse D geschlossen. Das Hohlrad des Ravigneauxsatzes dreht nun entgegen der Motordrehrichtung mit der Gesamtübersetzung i = –3,403.
7-Gang Wandler W7A700 bzw. NAG2 bzw. 7G-TRONIC (Daimler)
Bei diesem Getriebe ab Baujahr 2003 handelt es sich um ein Automatikgetriebe in Planetenbauweise mit 7 Vorwärtsgängen und 2 Rückwärtsgängen. Ein Trilok-Wandler mit einer Momentenüberhöhung bietet ein komfortables Anfahren. Der Wandler verfügt über eine Überbrückungskupplung (WÜK).
Das im Jahre 2003 vorgestellte 7-Gang-Automatgetriebe W7A 700 von Mercedes-Benz entstand durch Weiterentwicklung des Radsatzkonzeptes des 5-Gang-Automatgetriebes nach Abb. 6.32. Der vordere einfache Planetenradsatz wurde dabei durch einen inversen Ravigneaux-Radsatz (ein Sonnenrad und zwei Hohlräder) ersetzt. Durch Hinzufügen einer Bremse B3 und den Entfall von zwei Freiläufen lassen sich gemäß dem Schaltschema in sieben Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge darstellen.
Die Getriebespreizung beträgt 6,02.
8-Gang Wandler 8HP70 (ZF)
Die Getriebespreizung beträgt 7,05.
9-Gang Wandler 725.011 NAG3 bzw. 9G-TRONIC (Daimler)
Bei diesem Getriebe ab Baujahr 2013 handelt es sich um ein Automatikgetriebe in Planetenbauweise mit 9 Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang. Ein Trilok-Wandler mit einer Momentenüberhöhung bietet ein komfortables Anfahren. Der Wandler verfügt über eine Überbrückungskupplung (WÜK).
Das Getriebe lässt sich in folgende Baugruppen einteilen:
• Drehmomentwandler mit Torsionsdämpfer, Fliehkraftpendel und Wandlerüberbrückungskupplung
• Neue Ölpumpe (Primärpumpe) in Off-Axis-Ausführung zur Erzeugung des nötigen Öldrucks und zur sicheren Schmierung der Schaltelemente und Lagerstellen
• Elektrische Getriebeölpumpe zur Erzeugung des nötigen Öldrucks und zur sicheren Schmierung der Schaltelemente und der Lagerstellen bei Motorstillstand und zur Unterstützung der Primärpumpe
• Getriebegehäuse mit der Getriebemechanik (Planetenradsätze, elektro-hydraulisch betätigte Parksperre, Lamellenkupplungen und Lamellenbremsen)
• Steuereinheit Vollintegrierte Getriebesteuerung mit integriertem Steuergerät Vollintegrierte Getriebesteuerung
Das Automatikgetriebe 725.011 ist in der Lage Gangstufen zu überspringen. So ist es zum Beispiel möglich vom 9. Gang direkt in den 4. Gang zu schalten. In diesem Fall wird nur die Bremse B08 im 9. Gang abgeschaltet und die Bremse B06 im 4. Gang dazu geschaltet.
Das Getriebe ist in der Lage, die Gangstufen zu überspringen, bei denen ein Schaltglied abgeschaltet und ein Schaltglied zugeschaltet wird. Dadurch werden noch schnellere und direktere Schaltungen möglich.
Die Getriebespreizung beträgt 9,156.