Samstag, 15. März 2014
Samstag, 15. März 2014
Grobauslegung Stirnradverzahnung
Stirnradverzahnungen sind die vorherrschenden Verzahnungen in Getrieben aller Art. Anders als bei der Anwendung im Mascbinen- und Anlagenbau kann beim Automobilbau nicht massiv überdimensioniert werden, um eine langen und sicheren Betrieb sicherzustellen. Stattdessen werden Komponenten im Automobilbau für ein bestimmtes Nennmoment grobausgelegt (Nennmoment) und anschließend ein aus dem Fahrzeug abgeleitetes Lastkollektiv ermittelt, welches in der Summe eine geringere Belastung als das Nennmoment ergibt.
Im Automobilbau geht es um ein gutes Leistungsgewicht aller Komponenten; denn ist ein Getriebe zwar massiv und stabil aber sehr schwer, so leiden die Fahreigenschaften und die Dynamik des Fahrzeugs. Daher werden Getriebe möglichst nah am tatsächlichen Bedarf ausgelegt und dimensioniert. Speziell im Sportwagenbereich ist dies von besonderer Bedeutung. Viele Tuning-Anwendungen überfordern die Fahrzeugkomponenten und reduzieren dadurch die Lebensdauer beträchtlich.
In unserem Falle bei Schaltgetrieben (egal ob manuelle oder automatisierte Schaltung) mit Einfach- oder Doppelkupplung sind die Gänge unterschiedlich stark belastet. Wenn man von einem konstanten Motormoment ausgeht, dann ist die Belastung für den Antriebstrang aufgrund der hohen Untersetzung im ersten Gang am höchsten, im zweiten Gang immer noch leicht erhöht und meistens ab dem 3.-6. Gang am ehesten mit dem Nennmoment belastet. In den oberen 2 Gängen findet eine Untersetzung statt, wodurch sich die Belastung für das Getriebe (Zwischenwelle, Ritzelwelle, Differential) eher reduziert.
Nichtsdestotrotz weiß man bei einer Neuentwicklung noch nicht, wie das Getriebe später konkret belastet wird, weil es das Fahrzeug noch nicht gibt und weil die Übersetzungen Einfluss auf das Gesamtfahrzeug hat und diese später noch geändert werden können. Würde man Verzahnungen stur mit Kisssoft auslegen und hierbei die Sicherheitsbeiwerte absolut als Bewertungskriterium heranziehen, so würde das einer kompletten „Gleichbelastung“ aller Gänge gleichkommen.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll, aus bereits bestehenden Getriebeanwendungen Vergleichsgrößen zu ermitteln. Es kann also eine bestehende Verzahnung eines Ganges herangezogen werden; von der weiß man, dass die aktuellen Kollektive von dieser über die geforderte Lebensdauer gut abgedeckt werden. Es wird dann die bekannte Verzahnung in Kisssoft eingetragen und mit dem gewünschten zukünftigen Nennmoment belastet. Dabei ermittelt Kisssoft alleVerzahnungsgrößen und auch Bewertungskennwerte wie Sicherheitsbeiwerte für Festigkeiten und Gesamtüberdeckungen als (grobes) Indiz für das Geräuschverhalten.
Neue Verzahnungen können dann ebenfalls mit Kisssoft grobberechnet und deren Ergebnisse können mit den bekannten verglichen werden.
Anbei eine Übersicht von Sicherheitsbeiwerten von Verzahnungen einzelner Gänge:
Wie man bei obigem Beispielgetriebe sieht, liegen ALLE Sicherheitsbeiwerte unterhalb von 1,2-1,5, was im klassischen Maschinenbau gefordert wird. Da in stationär betriebenen Maschinen häufig die tatsächlichen Nennmomente und Nenndrehzahlen anliegen, werden diese auch tatsächlich stärker belastet.
Im Fahrzeugbereich wird das Nennmoment nur in wenigen Zeitabschnitten abverlangt, da die Straßenverhältnisse es gar nicht zulassen, das Fahrzeug komplett auszufahren. Dennoch handelt es sich bei obigem Beispielgetriebe um einen robusten Radsatz, welcher sicher nicht so schnell ausfällt und im klassischen Sinne für die Anwendung leicht überdimensioniert (robust) ist.
Wie man sieht, sind der erste Gang mit minimalen Sicherheitsbeiwerten in der Zahnfußspannung ab 0,4 in einem zeitfesten Bereich. In der Realität sieht es im ersten Gang so aus, dass hier nicht das volle Motornennmoment anliegen kann, da die Antriebsräder viel früher durchdrehen und das Moment im Antriebsstrang gar nicht entstehen kann. Dafür können ruckartige Drehstöße vom Fahrwerk bzw. vom Radabriss auf das Getriebe einwirken, welches aber nicht bis auf die vorgelagerte Verzahnung des ersten Ganges durchschlägt, sondern die abtriebsseitigen Komponenten belastet. Daher sind die realen Belastungen für den ersten und auch den zweiten Gang geringer, wodurch auch der Sicherheitsbeiwert steigt.
In den höheren Gängen liegen die Sicherheitsbeiwerte deutlich höher, was damit zu tun hat, dass das mittlere Moment tatsächlich höher ist als in den Anfahrgängen.
Wir können also sagen, dass bei Auslegung auf ein ähnliches Nennmoment wie oben bei Neuentwicklungen im Getriebebau für Fahrzeuge die Gänge mit diesem hier verglichen werden können. Besonders die Zahndfußspannung (Sicherheit gegen Zahnbruch) als auch die Flankensicherheit (Sicherheit gegen Grübchen) sind hier besonders wichtig. Aber auch die geräuschlichen Kenngrößen wie die Gesamtüberdeckung spielt für eine Grobauslegung eine große Rolle.
Verzahnungsgrößen wie Achsabstand, Zahnradbreite und Übersetzung sind Eingangsparameter und können stark variieren. Diese Eingangsgrößen werden von Kisssoft berücksichtigt und fließen in die entsprechenden Sicherheitsbeiwerte mit ein.