Samstag, 15. Juni 2013
Samstag, 15. Juni 2013
Einfluss der Kerbgeometrie auf die Berechnung der Presspassung
Längskerben von Wellen
Wird eine Kerbe über ein Kerbwerkzeug mit Einsatz eines Stempels mit Eingriffswinkel um die 45° eingeprägt, so ergibt sich eine einseitige Materialverdrängung (in Abb.1 die beiden oberen Kerben nach unten und die beiden unteren Kerben nach oben), so dass sich eine unsymmetrische Kerbgeometrie ergibt.
Abb.1: Einbringen von vier unsymmetrischen Kerben auf eine Welle
Wie in Abb.2 dargestellt, kann für die Berechnung des Pressbereichs mit einer einzigen Kerbe gerechnet werden, da nur der nach außen stehende Teil relevant ist. Hierbei kommt für den reibschlüssigen Teil der Pressverbindung der Bereich des Fußquerschnitts b der Kerbe zum Tragen.
Für den formschlüssigen Teil ist dagegen die Höhe der Kerbe h (Kerbspitze zu Nabenoberfläche) bedeutsam, da dieser Bereich ähnlich iner Verzahnung wirkt und somit mehr Drehmoment übertragen kann je höher die überlappende Kerbhöhe ist.
Abb.2: unsymmetrische Kerbgeometrie beim Kerben
Abb.3: Kerbkraft zu Kerb-Durchmesser-Relation
Rändeln von Wellen mit einem Längsrändel
Anders sieht die Geometrie einer über Längsrändel (z.B. Typ RAA) eingeprägten Kerbe aus. Da hierbei exakt radial auf die Welle eine Kraft wirkt, erhält man anschließend eine symmetrische Kerbgeometrie mit einer einzigen Einbuchtung in der Mitte.
Die Kerbhöhe jeder der beiden Kerbspitzen ist geringer und damit die überlappende Kerbhöhe gegenüber einer unsymmetrischen Kerbe weniger hoch. Dafür ergeben sich 2 Kontaktbereiche zwischen der Nabe und den beiden Kerbspitzen.
Die Aufteilung des Traganteils zwischen formschlüssigem und reibschlüssigem Anteil ist bei der symmetrischen Kerbe anders als bei der unsymmetrischen. Der Traganteil des Reibschlusses ist deutlich höher als der Formschlussanteil. Auch sind die Spitzen und die Einbuchtung etwas mehr abgerundet als bei der unsymmetrischen Kerbe.
Abb.4: Symmetrische Kerbgeometrie beim Rändeln
Abb.5: gerändelte Welle mit 4 mm Durchmesser (Spezial-Rändel)
Abb.6: gerändelte Welle mit 4 mm Durchmesser (RAA-Rändel)
Berechnungswerkzeug auf Excel-Basis
Zur Unterstützung bei der Auslegung und Berechnung von Welle-Nabe-Verbindungen mit einem Pressverband mit Längskerben habe ich ein Excel-Dokument erstellt, welches abhängig von den Toleranzgrenzen die übertragbaren Drehmomente (min/max) und Axialkräfte (min/max) ermittelt und somit die notwendige Überdeckung berechnet. Auch die dazu notwendigen Einpresskräfte werden ermittelt (Prognosewerte). Im Laufe von Versuchsreihen wurden die tatsächlichen Einpresskräfte mit den berechneten Werten quergeprüft. Als nächstes Erweiterung stehen Verbindungen von Stahl-Messing-Kombinationen sowie die Auslegung von Rändel-Verbindungen vom Typ RAA an.
Abb. 7: Berechnungswerkzeug für Kerbverbindungen
Um definierte Kerbverbindungen selber herzustellen, benötigt man auf jeden Fall eine kraftgesteuerte Presse, die (je nach Wellen-Durchmesser) ca. 30 kN aufbringen können muss. Die Pressenkraft-Kerbdurchmesser-Kennlinie hängt sehr stark vom verwendeten Wellenwerkstoff und Härtegefüge ab. Man kommt also nicht daraum herum, selber eine eigene Versuchsreihe zu starten und für jeden Durchmesser und jeden Werkstoff eine eigene Kennlinie anzulegen.
Wenn eine Welle nach dem Kerben noch gehärtet wird, und die Nabe weich ist, dann wird beim Aufpressen die Kerben nich mehr so stark abgeflacht. Damit lassen sich übertragbare Drehmomentsteigerungen von über 100% erreichen. Denn dann erhöht sich der formschlüssige Lastanteil gegenüber den reibschlüssigen.